Wie man Unerträgliches fließen lässt

Wir haben es zugelassen, dass ein politisches System entstanden ist, in dem Fehlverhalten, sogar strafrechtlich relevantes Fehlverhalten, nicht mehr geahndet wird. Schlimmer noch, es hat sich ein System der persönlichen Konsequenzlosigkeit für den Einzelnen etabliert. Die maximale Strafe in diesem System ist – falls die Lügen nicht mehr aufrechterhalten werden können – der Verlust des Amtes. Dies hat jedoch keinerlei Auswirkungen auf den privaten Bereich. Der Delinquent wird dadurch nicht ärmer und spürt die Konsequenzen in seiner alltäglichen Lebensqualität nicht.
Ein solches System, das einen von den natürlichen Konsequenzen des eigenen Handelns befreit, führt unweigerlich zu einer verzerrten Realitätswahrnehmung, die sich in Gleichgültigkeit ausdrückt. Warum sollte man sich bemühen, ehrlich und rechtschaffen zu sein, wenn es keinerlei Vorteile bringt, sondern eher Nachteile, und die unmoralische Gewissenlosigkeit keine Konsequenzen nach sich zieht, vor denen man sich fürchten müsste?
Solch ein System zieht unweigerlich Menschen an, die Ehrlichkeit und Rechtschaffenheit keinen Wert an sich beimessen, für die soziale Konventionen lediglich Werkzeuge sind, die man für die eigene Bereicherung nutzen oder ignorieren kann, wenn sie sich als hinderlich erweisen. Selbstverständlich schaffen die Bevorteilten eines solchen Systems keine Umstände für sich selbst, die sich nachteilig auf sie auswirken könnten. Daher ist es naiv, von jenen, die vom Status quo maximal profitieren, Reformen zu erwarten.
Für eine solche Einsicht bräuchte es Menschen mit einem grundlegend anderen Mindset. Wie oben erläutert, zieht das System Andersdenkende jedoch nicht an und lässt sie auch nicht hinein, frei nach Goethe:
„So sucht sich, was sich angehört.“
Am Ende bleibt die Frage, wie Veränderung herbeigeführt werden könnte, und die Antwort lautet: Wir können nicht die anderen ändern, nur uns selbst. Wenn die kritische Masse an Menschen zur Einsicht gelangt ist, dann wird sich alles ändern.
Der Versuch, die anderen zu verändern, ist Teil des Problems – nicht der Lösung.

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